ENFANTS CACHÉS
Versteckte Kinder
Zum Internationalen Frauentag
ALMA ROSÉ gewidmet
Alma wurde am 3.11.1906 in Wien/Wieden geboren, wo sie mit ihrem Bruder Alfred, ihrer Mutter Justine (geborene Mahler) und ihrem Vater Arnold ihre ersten Lebensjahre verbrachte.
Sie wuchs in einer bürgerlich liberalen Familie auf, deren Besonderheit die Musikalität aller Familienmitglieder war. Es ist schwer möglich, Alma nicht vor dem Hintergrund ihres Vaters, des berühmten Geigenspielers, Konzertmeisters der Wiener Philharmoniker und Gründers des Rosé-Quartetts und ihres Onkels, Gustav Mahler zu betrachten.
Alma begann sehr früh Geige zu spielen und wird als sehr talentiert, motiviert, temperamentvoll und ehrgeizig beschrieben. Ihre musikalischen Auftritte als Solistin wurden von den Kritikern jedoch immer an ihrem Vater gemessen, was die Wahrnehmung ihrer Eigenständigkeit als Musikerin bis heute kaschiert.
1930 heiratet Alma den aus Prag stammenden Geigenvirtuosen Vása Príhoda. Die Ehe wird als sehr schwierig beschrieben. In diesen Jahren gründete Alma Rosé die „Wiener Walzermädeln“, ein Kammerorchester, das sich aus jungen, talentierten Musikerinnen zusammensetzte.
1935 wird die Ehe geschieden, Almas Lebensmittelpunkt ist wieder in Wien, wo sie unter anderem immer wieder im Rosé-Quartett auftritt und internationale Konzerttouren mit ihrem eigenen Kammerorchester unternimmt.
1938 stirbt ihre Mutter Justine nach langer Krankheit, ihr Vater Arnold wird unmittelbar nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten aus der Wiener Staatsoper verwiesen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt zeigte sich, dass die schon Anfang des Jahrhunderts vollzogene Konvertierung fast aller Mitglieder der Familien Mahler und Rosé zum Christentum keinen Schutz für jüdische Menschen darstellte.
Ihr Bruder Alfred und seine Frau finden nach verzweifelter Suche Ende 1938 Exil in Amerika; Alma bleibt vorläufig bei ihrem Vater in Wien, um ihm behilflich zu sein. Im März 1939 erhalten auch sie endlich Affidavits für England. Mittellos und ohne künstlerisches Engagement in England, unterzeichnete Alma im November 1939 einen Vertrag für ein kurzes Engagement in Holland, den sie immer wieder verlängerte, bis Holland 1940 von den Deutschen besetzt wurde und sie als Jüdin weder arbeiten noch nach England mehr zurück reisen konnte. Im März 1942, nachdem sie von Versteck zu Versteck zog und gelegentlich Hauskonzerte geben konnte, ging Alma eine Scheinehe mit Constant August van Leeuwen Boomkamp ein, die ihr nur kurze Zeit Schutz vor den beginnenden Deportierungen bot.
Im Dezember 1942 versuchte Alma mit Unterstützung der Résistance in die Schweiz zu flüchten. Sie wurde in Frankreich verraten und bis Juli 1943 in Drancy interniert, von wo sie nach Auschwitz deportiert wurde.
Alma Rosés Name war auch den zahlreichen Musikerinnen aus unterschiedlichen europäischen Ländern im Frauenlager Auschwitz-Birkenau bekannt. Die Lagerleitung beauftragte Alma, ein professionelles „Mädchenorchester“ zusammen zu stellen, das jederzeit im Lager auf Abruf auftreten musste. In diesem Orchester war sie sowohl Dirigentin als auch Geigerin, gelegentlich spielte sie auch Solos. Einige der überlebenden Frauen beschreiben Alma als sehr streng, ungeheuer professionell und als sehr genau und präzise. In allen Dokumenten beschreiben Frauen aus dem Orchester, dass sie ihr Überleben Alma und der Orchesterstruktur verdanken.
Alma Rosé wird im Vernichtungslager Auschwitz als eine Frau beschrieben, die versuchte, ihre Würde und ihre musikalische Professionalität und Passion aufrecht zu erhalten und von dieser Position aus immer wieder einzelnen Orchestermitgliedern helfen konnte.
Im April 1944 erkrankt Alma Rosé nach einer privaten Feier im Lager. Trotz für Auschwitz intensiver Behandlungs- und Rettungsversuche stirbt sie nach zwei Tagen. Die genaue Todesursache lässt sich nicht feststellen; medizinwissenschaftliche Meinungen gehen trotz verschiedenster Gerüchte über mögliche Todesursachen von Botulismus als Folge einer Lebensmittelvergiftung aus.
Alma Rosé wurde nach ihrem Tod im Krematorium von Auschwitz verbrannt.
Anna Wexberg-Kubesch